Heimat als Aufgabe... die Bewahrung Schwarzwälder Baukultur

und kluger, über Jahrhunderte gewachsener Gedanken 

beim Leben in, mit und von der Natur... 

 

Kienzlerhansenhof bei Schönwald im Schwarzwald: Schönwald im Schwarzwald (Schwarzwald-Baar-Kreis)

 

Preisträger: Anja Kluge und Ingolf Gössel

 

Die Jahreszahl 1591 steht in arabischen und römischen Ziffern auf einem Balken an der Tür des Kienzlerhansenhofs. Wie das Idealbild eines urtümlichen Schwarzwaldhofs schmiegt sich der breit gelagerte Holzbau mit seinem weit auskragenden Walmdach in die Landschaft eines Hochtals südlich von Schönwald. Wegen seines Alters und der weitgehend auf das Baujahr zurückgehenden Bausubstanz wurde er bereits früh von der Forschung beachtet und als Kulturdenkmal von besonderer Bedeutung eingestuft.

Im Laufe der Jahrhunderte hatte der Hof nur wenige Veränderungen erlebt, etwa im 17. Jahrhundert den Einbau einer Hocheinfahrt in den Dachraum oder im 19. Jahrhundert den Anbau eines Leibgedings für den Altbauern, der bei einer Teilsanierung 1976 wieder entfernt wurde. Die schadhaft gewordene Holzverschindelung des Daches wurde zu diesem Zeitpunkt mit wenig passenden Faserzementplatten überdeckt. Damals gehörte der Hof mit seiner Fläche von 45 Hektar Wald und Wiesen noch der Gemeinde Schönwald, die ihn über 150 Jahre lang durch Pächter hatte bewirtschaften lassen. Angesichts dringend notwendiger Sanierungsmaßnahmen beschloss die Gemeinde 2013, sich von dem unrentierlichen Objekt zu trennen. Es war ein Glücksfall, dass Anja Kluge und Ingolf Gössel aus Stuttgart, Inhaber des Architekturbüros gk gössel+kluge generalplaner, auf den Hof aufmerksam wurden. Ihre Bereitschaft, das Anwesen nicht nur als Zweitwohnsitz und Dependance ihres Architekturbüros zu nutzen, sondern auch die Landwirtschaft unter Naturschutzaspekten und extensiver Arbeitsweise weiterzubetreiben, gab den Ausschlag, dass sie in einem Bieterverfahren neue Eigentümer wurden. In enger Abstimmung mit den Denkmalbehörden erfolgte 2014-16 eine umfassende Sanierung des Hofes, für die zunächst von den Bauforschern Dr. Stefan Blum, Stephen King und Burghard Lohrum detaillierte Untersuchungen durchgeführt wurden. Eine Bauaufnahme durch das eigene Büro bildete die Grundlage für die folgenden baulichen Maßnahmen, die unter Beibehaltung der Grundrisse in traditioneller Handwerkskunst durchgeführt wurden. Schadhafte Hölzer wurden ausgetauscht, Verformungen vorsichtig rückgängig und Holzverbindungen wieder kraftschlüssig gemacht. Für die Außenwirkung besonders erfreulich ist die Entfernung der Zementplatten auf dem Dach und die Neueindeckung mit handgespaltenen Holzschindeln, unter denen die Reste der historischen Verschindelung erhalten blieben. Als positiv bewertet hat die Jury auch das Ziel, trotz des Grundsatzes der Minimierung von Veränderungen den Hof niedrigenergetischen Standards anzupassen. Im originalen Aufbau der Außenwand wurden als Kernschicht eine Holzfaserdämmung sowie eine speziell abgestimmte Windsperre eingebracht. Die neuen Holzfenster nach historischem Vorbild wurden als Kastenkonstruktionen ausgebildet. Die dauerhafte Grundwärme von 20 Grad Raumtemperatur liefert auch in kalten Wintern eine geothermische Anlage, die in einem der früheren Wirtschaftsräume installiert werden konnte ohne die Bausubstanz zu beeinträchtige. Traditionelle Grundöfen in den Stuben und der restaurierte Herd in der Rauchküche liefern bei Bedarf zusätzliche Wärme. Für erforderliche Neubauteile, vor allem im Hinblick auf den Einbau von Bädern und einer Sauna sind ausschließlich die am ursprünglichen Bau vorhandenen Materialien Holz, Granit und Lehm verwendet. Auf Fliesen wurde ganz verzichtet, stattdessen die Wände mit Lehm verputzt und der Boden mit einem mit Stallmist versetzten Lehmestrich versehen. Moderne Sanitärelemente erscheinen als hinzugefügte Objekte von skulpturaler Wirkung.  
(Erläuterung zum Gewinn des Denkmalschutzpreises Baden-Württemberg 2016)